Bielefeld. Ob Bürokratie, Fachkräftemangel oder Energiekrise: Angesichts zahlreicher, wirtschaftlicher Herausforderungen fällt es derzeit vielen Betrieben schwer, Optimismus und Zuversicht zu bewahren. Dazu kommt, dass die Stimmung insgesamt aus den Fugen zu geraten scheint durch ineinandergreifende „Omnikrisen“, Kriege, Klimawandel und eine Regierung im Dauerclinch. Die Stimmung im Land speist sich aus einer nur noch schwer zu überblickenden knäuelhaften Problemlage und dem daraus resultierenden Gefühl, diese Probleme nicht bewältigen zu können.

In der Folge wird das Jahr 2024 zu einer großen Herausforderung für die gut 3.300 Handwerksbetriebe im Kreis Minden-Lübbecke: Aktuelle Konjunkturdaten für das ostwestfälisch-lippische Handwerk zeigen, dass viele Betriebe mit rückläufigen Umsätzen, einem abnehmenden Auftragspolster und einer sinkenden Beschäftigtenzahl rechnen. Besonders alarmierend ist, dass viele Betriebe angeben, wegen der großen Unsicherheiten, fehlender Planungssicherheit und der fehlenden Verlässlichkeit politischer Entscheidungen Investitionen erst einmal zurückstellen zu wollen.

Handwerk spielt eine zentrale Rolle für den Klimaschutz und den sozialen Zusammenhalt

Allen voran steht das Bauhandwerk immens unter Druck, das auf diese Investitionen in die Zukunft angewiesen ist. Dabei sind die 771 Bau- und Ausbaubetriebe im Mühlenkreis mit rund 300 Auszubildenden die Wegbereiter für eine umweltfreundlichere Zukunft. Mit ihrer zentralen Rolle in der energetischen Gebäudesanierung und dem Ausbau der Infrastruktur tragen sie in der Region entscheidend zum Klimaschutz bei. Darüber hinaus sind diese Betriebe unverzichtbar für die Wohnraumsicherung und damit den sozialen Zusammenhalt im Mühlenkreis.

Die Baubranche ist also von gewaltiger Bedeutung für die regionale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Die Möglichkeiten und das Potenzial sind da, sie müssen nur genutzt werden, damit wir als Gesellschaft unsere gesteckten Ziele bei der Energiewende, dem Wohnungsbau, der energetischen Gebäudesanierung sowie den Infrastrukturvorhaben auch erreichen. Doch was hält die Betriebe zurück, ihr Potenzial in vollem Umfang zu nutzen?

Ostwestfalen soll eine Modellregion für den Bürokratieabbau werden

Da wäre zum einen das Dauerthema Bürokratie. Immer mehr Betriebe konstatieren inzwischen, dass die Summe an Dokumentations-, Informations- und Nachweispflichten schlichtweg nicht mehr zu stemmen ist. Dabei ist es bittere Ironie, dass die Vorschriften, die eigentlich dazu dienen sollten, Qualität und Sicherheit zu gewährleisten, inzwischen so überbordend geworden sind, dass sie zum Hemmschuh für den Fortschritt werden. Die Handwerkskammer OWL zu Bielefeld setzt sich daher für die Etablierung einer Modellregion für Bürokratieabbau in Ostwestfalen-Lippe ein, die das Ziel verfolgt, die Menge an kleinteiligen Regulierungen zu reduzieren, und auf eine kooperative Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Verwaltung anstatt auf ausufernde Kontrollmechanismen setzt. Eine solche Modellregion hat es bereits zu Beginn der 2000er-Jahre gegeben. Durch die Wiederbelebung für OWL und NRW soll der Wirtschaftsstandort gestärkt und die Region zum Treiber für Deregulierung und eine zukunftsfähige Verwaltung werden.

„Handwerkerinnen und Handwerker sind die Möglichmacher der ökologischen Transformation unseres Landes.“ Dr. Jens Prager

Die zweite Bremse ist der Mangel an Nachwuchs- und Fachkräften. Trotz konjunktureller Herausforderungen fehlen den Handwerksbetrieben in Ostwestfalen und Lippe schätzungsweise gut 5.000 Auszubildende. Hier braucht es endlich ein Umdenken in Politik und Gesellschaft. Handwerkerinnen und Handwerker sind die Möglichmacher der ökologischen Transformation unseres Landes. Das ist das Bild, welches wir Kindern, Lehrkräften und Eltern vermitteln sollten. Durch eine verbesserte Berufsorientierung an Schulen müssen die vielseitigen Karrierewege im Handwerk noch bekannter gemacht werden. In einer Situation wie dieser, in der nahezu in allen Gewerken Fachkräfte händeringend gesucht werden, kann es sich Deutschland nicht mehr erlauben, dass die akademische Bildung als alleiniger Königsweg für die berufliche Entwicklung junger Menschen gesehen wird.

Trotz aller Herausforderungen bin ich überzeugt davon, dass wir die Mittel, die Motivation und das Wissen haben, um die Zukunft aktiv anzupacken und Probleme zu meistern. Durch koordiniertes Handeln, Mut zu Veränderungen und das Ausschöpfen unseres vollen Potenzials können wir das Morgen gestalten!