Minden-Lübbecke. Dazu zählt beispielsweise, für attraktive Innenstädte zu sorgen. Und da gibt es positive Signale aus den Kommunen: Minden stellt ein neues Einzelhandelskonzept auf. Rahden novelliert ebenfalls sein Konzept. Espelkamp schnürt ein Maßnahmenpaket, um die Innenstadt als Zentrum und Einkaufsbereich zeitgemäß aufzustellen. Das ist auch gut so. Um lebenswert und attraktiv zu bleiben, müssen permanent die zentralen Versorgungsbereiche in unseren elf Städten und Gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke weiterentwickelt werden. Das trägt dazu bei, Fachkräfte zu halten und anzuwerben.

Laut IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage 2023 gehört der Fachkräftemangel zu den größten Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten. In mehrfacher Hinsicht müssen wir dieses Problem angehen. Dabei können auch die Geflüchteten aus der Ukraine helfen. Weit über 1.000 Ukrainerinnen und Ukrainer wurden bisher in Minden aufgenommen. Sie verfügen überwiegend über eine gute Ausbildung. Diese Qualifikation müssen wir nutzen, indem Abschlüsse schnell anerkannt werden.

Auch der hohe Anteil an schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen bietet großes Potenzial. Den Fachkräftenachwuchs unterstützt die IHK mit ihrer Ausbildungskampagne unter dem Motto „#könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“. Sie soll junge Menschen für die duale Ausbildung begeistern.

Engpass bei Gewerbeflächen schnell entgegenwirken

Ein weiteres Feld, auf dem schnelles Handeln erforderlich ist, ist der Engpass bei den Gewerbeflächen. Darauf wird vielfach in der aktuellen IHK-Standortumfrage hingewiesen. In einigen Kommunen gibt es nur noch wenige oder keine Gewerbeflächen mehr für anfragende Unternehmen. Umso dringender ist es, den neuen Regionalplan für Ostwestfalen-Lippe möglichst schnell zu verabschieden. Er ist die Grundlage für die Ausweisung neuer Industrie- und Gewerbegebiete in unseren Städten und Gemeinden.

Beim Thema Innenstadtentwicklung ist schon einiges positiv in Bewegung gekommen, allerdings lohnt sich auch hier ein genauer Blick. Mit der geplanten Umgestaltung des Weserglacis in Minden wird die Weser stärker in das Stadterlebnis einbezogen – ein wichtiger Aspekt, um die Stadt attraktiver zu gestalten. Allerdings fallen damit auch weitere Parkplätze in der City weg. Mit Veränderungen von Parkmöglichkeiten muss generell sehr vorsichtig umgegangen werden, Innenstadtkunden reagieren sehr sensibel darauf. Denn Parkplätze sind ein Mosaikstein beim Thema Erreichbarkeit. Und Minden ist als Mittelstadt auf gute Erreichbarkeit aus dem Umland angewiesen.

Weitere Aufwertungen sind in der Mindener Innenstadt nötig

Damit Minden als Einzelhandelsstandort attraktiv bleibt, muss die bereits vor einiger Zeit abgeschlossene Sanierung der Fußgängerzone weiterentwickelt werden. Verschiedene Bereiche bedürfen einer Überarbeitung, um die Aufenthaltsqualität und Anziehungskraft zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise der Bereich um den „Weserspucker“ oder die kleine Wasserstelle am Kaak.

Eine Chance, um die Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit in Minden zu erhöhen, bietet der geplante öffentliche Aufzug an der Martinitreppe. Von Bedeutung sind dabei verschiedene Punkte: Form und Dimension des Bauwerks, Fassadenstruktur und Material müssen sich in die bestehende Umgebung einfügen. Die Sichtachse zwischen Dom als frühgotische Hallenkirche und preußischem Proviantmagazin muss bestehen bleiben.

Hochwertiger Einzelhandel stärkt Mindens Innenstadt

Die Einzelhandelslandschaft hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Minden-Lübbecke verändert. Bad Oeynhausen, Lübbecke, Minden, Espelkamp und Rahden sind um traditionelle Kaufhäuser ärmer geworden. Teilweise wurden die Altimmobilien abgerissen und es entstanden Neubauten mit geänderten Nutzungskonzepten. Damit ist Minden-Lübbecke der Einzelhandelsentwicklung weit voraus, wie sie jetzt aktuell in weiten Teilen Deutschlands mit der bevorstehenden Schließungswelle von Karstadt/Galeria-Kaufhof-Filialen ansteht. Minden kann sich glücklich schätzen, hochwertige und zeitgemäße Einzelhändler wie beispielsweise das Modehaus Hagemeyer und Juwelier Laufer in seiner City zu haben.

Und dennoch wird der stationäre Einzelhandel durch die Zunahme des Onlinehandels, durch die hohe Inflation oder die hohen Energiepreise gefordert bleiben. Die Zentralitätskennziffer, die Auskunft über die Attraktivität einer Stadt gibt, ist in Minden von 122,5 Punkten 2015 auf 113,5 im Jahr 2022 zurückgegangen. Liegt sie über 100, bedeuten das mehr Kaufkraftzufluss aus dem Umland als Kaufkraftabfluss.

Konzentration im Bereich der Mindener Bäckerstraße wäre zeitgemäß

Die sinkende Zentralitätskennziffer verweist auf ein weiteres Dilemma – die Größe der Mindener City. Jahrzehntelang wurde die Idee verfolgt, die Mindener Innenstadt-Einkaufslage nach einem „Knochenmodell“ mit den beiden Handelsmagneten Karstadt an der Weserbrücke und der Obermarktpassage am anderen Ende und der dazwischenliegenden ungewöhnlich langen „Lauflage“ zu entwickeln.

Das konnte in der Realität nie überzeugend umgesetzt werden. Deshalb wäre es zeitgemäß, den Schwerpunkt der Haupteinkaufslage der Mindener Innenstadt auf den Bereich um die Bäckerstraße und den Scharn zu konzentrieren. Neue Sortimente und moderne Einzelhandelsbetriebe mit attraktiven zentrenrelevanten Angeboten können dieses Ziel erreichen.

Naherholungsgebiete und traditionelle Veranstaltungen sind eine Chance für den Tagestourismus

Eine weitere Chance, um den Standort Minden-Lübbecke aufzuwerten, ist die Wiedervernässung des Naturschutzgebietes „Bastauwiesen“. Das Niedermoor liegt im Gebiet der Städte Minden und Lübbecke und der Gemeinde Hille. Das Projekt kann einen beachtlichen Beitrag zur CO2-Speicherung leisten und die heimische Wirtschaft auf verschiedene Arten einbinden. Etwa wenn es um Baumaßnahmen zur Wiedervernässung geht oder als Sponsoring-Partner.

Das Projekt „Bastauwiesen“ bietet auch eine Chance für verbesserte Naherholungsangebote. Dazu zählt ebenfalls das Hahler Kranzreiten in der Moor-Arena, das sich als beliebter touristischer Anziehungspunkt für mehrere tausend Besucherinnen und Besucher entwickelt hat.