Minden . „Wie geht’s?“ Mit dieser Einstiegsfrage werden oft Gespräche eröffnet. Die Standardantwort „gut!“ bleibt vielen Unternehmensleitungen aktuell im Halse stecken. Denn diese Antwort stimmt mit Bezug auf die wirtschaftliche Lage vielfach nicht.

Das IHK-Konjunkturklima bewegt sich in Minden-Lübbecke mit 70 Punkten zwischen den Tiefständen der Immobilien und Finanzkrise 2008/2009 und dem Beginn der Coronapandemie 2020. Zum Vergleich: Die 100er-Linie steht für eine ausgeglichene Stimmung, bei der sich Optimisten und Pessimisten die Waage halten.

Im Vergleich mit den anderen ostwestfälischen Kreisen und der kreisfreien Stadt Bielefeld liegt Minden-Lübbecke mit seinem aktuellen Gesamtklimaindikator an letzter Stelle. Der Abstand zum führenden Kreis Paderborn ist sehr deutlich.

Die amtliche Statistik als Auswertung von Angaben der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes mit 50 und mehr Beschäftigten zeigt für das Jahr 2023 mit minus sechs Prozent den mit Abstand größten Rückgang des Gesamtumsatzes in Minden-Lübbecke im Vergleich zu den anderen Teilregionen Ostwestfalens, zu NRW und zur Bundesrepublik.

Wenn es den heimischen Unternehmen nicht mehr so gut geht, wirkt sich das natürlich auch auf die Haushalte unserer elf kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Kreis Minden- Lübbecke aus. Sie beginnen zu sparen und an der Steuerschraube zu drehen. In der Kommunalpolitik läuft dazu seit Monaten eine engagierte Diskussion, die sicherlich weiter anhalten wird.

Da ist natürlich die Grundsteuer B. Die wird nicht nur für Wohngrundstücke, sondern auch von Gewerbebetrieben für ihre Gewerbegrundstücke an die Städte und Gemeinden gezahlt. In fünf Kommunen wurde sie in diesem Jahr – teilweise sehr kräftig – erhöht. Eine Kommune hat zudem die Gewerbesteuer leicht erhöht. In zwei Kommunen steht möglicherweise noch eine Erhöhung der Grundsteuer B für dieses Jahr bevor. Das ergab unsere Nachfrage in der letzten Märzwoche in zehn Kämmereien, eine Kommune haben wir nicht erreicht. Nicht alle Kommunen haben ihre Steuerhebesätze für dieses Jahr bereits beschlossen.

Hebesätze der Grundsteuer B sind kaum mehr vergleichbar

Einer von mittlerweile vielen Unsicherheitsfaktoren für Gewerbebetriebe ist die Möglichkeit der Kommunen, bis Mitte des Jahres die Hebesätze rückwirkend zum 1. Januar 2024 zu ändern. Wegen der Grundsteuerreform sind die Hebesätze zur Grundsteuer B ab dem Jahr 2025 mit den Vorjahren kaum noch vergleichbar. Gleichwohl halten sechs Kommunen eine Erhöhung der Grundsteuer B für die Jahre ab 2025 für möglich. Zwei Kommunen haben uns bereits eine deutliche Anhebung der Grundsteuer B ab 2026 beziehungsweise bis 2027 avisiert. Die meisten Kommunen halten sich allerdings mit Aussagen zur Höhe der Hebesätze ab 2025 zurück.

In vier Kommunen kommen möglicherweise Gewerbesteuererhöhungen auf die Unternehmen zu

Derweil erhielten wir aus vier Städten und Gemeinden das Signal, dass Erhöhungen des Gewerbesteuerhebesatzes in den Jahren nach 2024 möglich sind. Drei weitere Städte und Gemeinden wollen Erhöhungen dieser Steuer möglichst vermeiden. Bisher beschlossene Erhöhungen von Gewerbesteuerhebesätzen fielen deutlich moderater aus als Erhöhungen der Grundsteuer B. Den Kommunen ist also durchaus klar, dass die Unternehmen von Steuererhöhungen empfindlich getroffen werden.

In den nächsten Jahren wollen Kommunen im Kreis Minden-Lübbecke weniger Aufträge an die Unternehmen vergeben, weil Investitionen zurückgestellt werden sollen. Das ergab eine schriftliche Umfrage der Zweigstelle Minden der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) von Ende November bis Mitte Dezember unter allen Städten und Gemeinden im Kreis.

Bereits Ende 2023 prüften neun der elf Kommunen „Investitionszurückstellungen“. Aktuell werden es wahrscheinlich alle elf Kommunen sein. Das hat gravierende Auswirkungen auf viele ansässige Unternehmen. Daneben stehen viele Leistungen der Kommunen auf dem Prüfstand, drohen ganz gestrichen oder zumindest reduziert zu werden. Darunter sind auch viele Leistungen, mit denen der heimischen Wirtschaft geholfen wird.

Beispielsweise wird in Minden über gestrichenes oder reduziertes Engagement bei der Unterstützung im Existenzgründungsbereich, bei besucherattraktiven Veranstaltungen, beim Stadtmarketing oder bei Maßnahmen zugunsten der Innenstadt diskutiert. Gewerbesteuererhöhungen, reduzierte Auftragsvergaben und Leistungskürzungen treffen die heimischen Unternehmen gleich mehrfach. Sie verringern Umsätze und Erträge und damit auch Gewerbesteuerzahlungen in den nächsten Jahren.

Damit ist eine Eskalation zu befürchten. Diese Abwärtsspirale muss gestoppt und in eine Aufwärtsspirale umgedreht werden. Natürlich hängt der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen nicht alleine von den Rahmenbedingungen in der heimischen Kommune ab, aber sie gehören zum Gesamtspektrum der Rahmenbedingungen, unter denen die Betriebe arbeiten.