Bielefeld . „KI wird nicht nur die Technik verändern, sondern die Welt“, betonte Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel, Seniorprofessor der TU Dortmund im Bereich Informationslogistik. KI sei ein Schlüsselaspekt der Digitalisierung und biete auch im Bereich von Logistik und Industrie gerade für deutsche Unternehmen neue Chancen, Möglichkeiten und Perspektiven.

Der Wissenschaftler zog damit sozusagen zugleich das Fazit des 11. Verkehrsforums, das die IHK in ihrer Hauptgeschäftsstelle in Bielefeld veranstaltete. Mehr als 80 interessierte Unternehmensvertreterinnen und -vertreter nahmen an der Veranstaltung teil, in deren Blickpunkt auch Praxisbeispiele der Digitalisierung in Unternehmen standen. Unter dem Forumstitel „Künstliche Intelligenz in der Logistik: Gespenst oder Segen?“ wurden auch kritische Aspekte rund um die Risiken der zunehmenden Vernetzung von Daten und Informationen erörtert. „Die Beeinflussung der jüngsten US-Wahlen durch russische Bots belegt, dass KI auch demokratiefeindlich eingesetzt werden kann“, meinte Prof. Dr. Dr. h. c. ten Hompel.

„Anstatt zehn Milliarden Euro in eine Chip-Fabrik in Deutschland investieren zu wollen, sollte unser Staat mit diesem Geld besser deutsche KI-Start-ups unterstützen.“ Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel

Der ehemalige Direktor des Fraunhofer-Instituts Materialfluss und Logistik in Dortmund beleuchtete in seinem Vortrag den Fortschritt der Digitalisierung in der Logistik anhand der theoretischen Grundlagen der Verschmelzung von analoger und digitaler Welt, und zwar bezogen auf logistische Systeme. Er warf dabei ein Schlaglicht auf mögliche künftige Entwicklungen wie den Einsatz selbstfahrender Systeme und in der Robotik. „In den USA haben insbesondere Unternehmen bisher rund 250 Milliarden US-Dollar in KI investiert, in China 95 Milliarden US-Dollar und wir in Deutschland lediglich knapp 7 Milliarden US-Dollar“, bemängelte Prof. Dr. Dr. h. c. ten Hompel.

Investitionen in KI werden vielfachen ROI generieren

„Anstatt zehn Milliarden Euro in eine Chip-Fabrik in Deutschland investieren zu wollen, sollte unser Staat mit diesem Geld besser deutsche KI-Start-ups unterstützen“, forderte der Wissenschaftler. Denn zukünftig spiele wirtschaftlich in diesem Bereich die Musik. „Ich bin erstaunt, wie wenig bekannt das in der Bundesregierung zu sein scheint“, kritisierte er die Politik und appellierte an die Unternehmensvertreter, keine Angst vor KI zu haben und unbedingt darin zu investieren. „Es wird sich zigmal für Sie auszahlen“, blickte er trotz aller in Deutschland noch vorhandener Skepsis zuversichtlich voraus.

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Drei Unternehmen aus verschiedenen Branchen zeigten anschließend beispielhaft, wie sie die Digitalisierung in der Logistik umsetzen und dabei teilweise KI bereits einsetzen. Aus Sicht der Industrie gab Dr. Nikolas Gebhard, Head of Digital Operations der Weidmüller Interface GmbH und Co. KG aus Detmold, einen Bericht „aus dem Maschinenraum eines modernen Logistikzentrums“, wie er es formulierte. „Wir als eines der weltweit führenden Unternehmen der industriellen Verbindungstechnik haben gerade für 40 Millionen Euro ein neues Logistikzentrum in Eisenach gebaut, das wir nicht nur mit Robotik versehen, sondern wobei wir auch KI eingesetzt haben.“ Der Fachmann gab dabei spannende Einblicke in die Praxis einer zukunftsorientierten Unternehmenslogistik, die durch Digitalisierung, Automatisierung und KI neben Personalkosten auch erhebliche Mengen an CO2 einspare und so international wettbewerbsfähig bleibe.

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Unter dem Titel „Wie Smart Technologies und KI die Logistikbranche transformieren“ berichtete Patric Hoffmann, Senior Vice-President Global Ventures & Innovation der Schenker AG aus Essen, aus Sicht eines Transportunternehmers über Logistik 4.0. „Wir brauchen die KI ganz dringend, um Zukunftslösungen zu finden, etwa dem Berufskraftfahrermangel zu begegnen“, sagte er und führte weiter aus: „Da weltweit derzeit 700.000 Fahrerinnen und Fahrer fehlen und die Situation in absehbarer Zeit nicht besser wird, setzen wir auf autonomes, KI-basiertes Fahren.“ Das werde zumindest in Zukunft eine Lösungsoption sein.

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Aus Sicht eines Dienstleisters ging Bernd Jaschinski-Schürmann, Head of Digital Supply Chain Management & Platform Business der Arvato Systems GmbH aus Gütersloh , der Frage nach, wie disruptiv ChatGPT & Co. wirklich sein können. „Wenn man ChatGPT richtig mit Informationen füttert und anschließend das Ergebnis kontrolliert, kann der Einsatz dieser KI sehr hilfreich sein“, betonte der Experte. Zudem stellte er aktuelle und zukünftige Logistikprojekte vor.

In seiner Begrüßung zum Verkehrsforum ging IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker auf die zunehmende Digitalisierung auch in der Logistik ein. „Voraussetzung dafür ist eine gute Infrastruktur, die größtenteils der Staat bereitstellen muss. Dazu zählen genügend Energie , die preislich international wettbewerbsfähig ist, und insbesondere auch schnelles Internet.“

Die Moderation der Veranstaltung lag in den Händen von Stefan Link, Sprecher des IHK-Arbeitskreises Verkehr & Logistik.