Bielefeld/Ostwestfalen. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur kommunalen Verpackungssteuer veranlasst bundesweit Kommunen, die Einführung einer solchen Abgabe nach Tübinger Vorbild zu erwägen. Auch in Ostwestfalen haben einige Städte bereits Interesse an der neuen Steuer signalisiert. Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Ostwestfalen (Dehoga) sowie Unternehmen lehnen die Einführung einer Verpackungssteuer auf Einwegbecher, -verpackungen oder auch -besteck ab und setzen auf eigenständige umweltbewusste unternehmerische Entscheidungen.

IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker betont: „Es ist richtig und wichtig, Abfall so gut es geht, zu vermeiden und ordnungsgemäß zu entsorgen. Eine kommunale Verpackungssteuer ist dazu nach unserer Überzeugung aber ein ungeeignetes Instrument, das erhebliche wirtschaftliche und bürokratische Belastungen nach sich zieht, ohne den gewünschten Umwelteffekt sicherzustellen.“ IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke ergänzt: „Wenn Politik es ernst damit meint, die Wirtschaft voranbringen zu wollen, verbieten sich zusätzliche bürokratische und finanzielle Belastungen. Schon jetzt ist überbordende Bürokratie eines der immer wieder von Unternehmen beklagten Themen.“

IHK und Dehoga warnen vor wirtschaftlichen Belastungen durch die Verpackungssteuer

Regine Tönsing, Hauptgeschäftsführerin Dehoga Ostwestfalen, warnt vor weiteren Belastungen des Gastgewerbes: „Unsere Mitgliedsbetriebe können jetzt schon sehr schwer vor Ihren Gästen ihre Preise vertreten, um die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Energie und Personal aufzufangen. Wenn nun noch die Kommunen zusätzlich eine regionale Steuer einführen und auch wieder neue Kosten in der Umsetzung für den Gastronomen hinzukommen, wird die Luft zum wirtschaftlichen Überleben immer dünner. Deshalb sollte auf Maßnahmen, die diesen Druck noch vergrößern, unbedingt verzichtet werden.“ Bestätigt wird dies von Ivo Klumpp, Betreiber mehrerer Gastronomiebetriebe in Bielefeld: „Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer würde zahlreiche Unternehmen mehrfach benachteiligen und zu weiteren, nicht erklärbaren Preissteigerungen für unsere Gäste führen. Bereits jetzt muss die Gastronomie Lizenzentgelte gemäß dem Verpackungsgesetz entrichten und weitere Gebühren bedrohen dann die Existenzen dieser Betriebe.“

Vending-Branche sieht Gefahren für soziale Versorgung durch Verpackungssteuer

Auch Unternehmen der so genannten Vending-Branche, die Getränke- und Verpflegungsautomaten betreiben, sehen eine solche Abgabe äußerst kritisch. Andrea Visser, Geschäftsführerin des in OWL tätigen Unternehmens Bredehorst, gibt zu bedenken: „Die geplante Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer würde nicht nur eine drastische finanzielle Belastung für die Betreiber von Verpflegungsautomaten darstellen, sondern gefährdet insbesondere auch eine kostengünstige und damit sozialverträgliche Versorgung von Mitarbeitenden in Betrieben mit Speisen und Getränken.

Lesen Sie auch: Bundesverfassungsgericht lehnt Klage gegen Tübinger Modell ab

Denn durch die Steuer wären nicht nur To-Go-Verpackungen in der Systemgastronomie betroffen, sondern auch die betriebliche Mitarbeiterversorgung durch Kantinen und Automaten. Und das, obwohl der Verzehr ausschließlich innerbetrieblich erfolgt. In den Betrieben würde die Steuer den Kaffeebecher oder die Salatschale deutlich verteuern und sich damit negativ auf diese wichtige Versorgungsform auswirken.“

Arndt Heiderich, Betreiber mehrerer McDonald´s-Filialen in Ostwestfalen, verweist ebenfalls auf Negativeffekte: „Die Einführung einer solchen Steuer sorgt für eine weitere Verteuerung des Lebensalltags der Menschen. Bereits jetzt ist für viele Menschen das Außer-Haus-Essen zu einem schwierig finanzierbaren Luxus geworden. Weitere Preissteigerungen bedingt durch die kommunale Verpackungssteuer würden diese Situation noch verschlimmern.“

Welche Städte in OWL führen die Verpackungssteuer ein? Ein Flickenteppich droht.

Nach Überzeugung von IHK und Dehoga wirkt sich eine Verpackungssteuer negativ auf eine Vielzahl gastronomischer Betriebe und weiterer Branchen aus. Diese litten bereits unter hohen Kosten, einer schwachen Konsumlaune und zu viel Bürokratie. Zudem drohe ein regionaler Flickenteppich, der auch Wettbewerbsverzerrungen begünstige. Statt auf eine kommunale Verpackungssteuer zu setzen, sollten bestehende gesetzliche Regelungen in Kombination mit einem Ausbau der Kreislaufwirtschaft und der Förderung umweltfreundlicher Technologien ökologische und ökonomische Ziele im Sinne der Nachhaltigkeit vereinen.