Minden . Die Industrie steckt in einem Tief. Das erklärte Peter Leibinger Ende Januar in einer Pressemitteilung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Leibinger trat zum Jahreswechsel an der Spitze des Industrieverbandes die Nachfolge von Siegfried Russwurm an. Leibinger und der Verband rechnen mit einem Rückgang um 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr. Für den Jahresendspurt 2024 hingegen veröffentlichte das Statistische Bundesamt jedoch positive Zahlen. Ein Hoffnungsschimmer?

Immerhin stiegen im letzten Monat des Jahres die Auftragseingänge in deutschen Industrieunternehmen um 6,9 Prozent im Vergleich zum November. Um die Großaufträge bereinigt errechneten die Statistiker ein Plus von 2,2 Prozent. Abzuwarten bleibt auch, inwiefern die Großaufträge in den kommenden Monaten bei mittelständischen und kleinen Zulieferern positiv durchschlagen.

Gesamtbetrachtung des vierten Quartals: Auftragseingänge stagnieren

Der Anstieg um fast sieben Prozent im November relativiert sich jedoch rasch beim Blick auf die Gesamtbetrachtung des vierten Quartals 2024. In Summe der Monate Dezember, November und Oktober blieben die Auftragseingänge insgesamt zum dritten Quartal unverändert, denn im November gab es bereits einen Rückgang von 5,2 Prozent. Auf die kompletten zwölf Monate gesehen, verringerten sich die Auftragseingänge in der Industrie im Vergleich zu 2023 sogar um 3 Prozent.

Unter anderem aus dem Schiffbau gab es positive Signale. Symbolfoto: pixabay

Der Zuwachs im Dezember ist vor allem den Bereichen Flugzeugbau, Schiffsbau, Schienenfahrzeuge und Militärfahrzeuge zuzuschreiben. Unternehmen aus diesen vier Segmenten des Sonstigen Fahrzeugbaus verzeichneten im Dezember ein Plus von 55,5 Prozent bei den Großaufträgen. Inlandaufträge stiegen um 14,6 Prozent, vor allem durch Großaufträge in eben jenem Segment des Sonstigen Fahrzeugbaus. Zum Ergebnis ebenfalls positiv – wenn auch in einem vielfach geringeren Maße – trug mit einem Plus von 8,6 Prozent der Maschinenbau bei. Sorgenkind bleibt die Automobilindustrie mit einem Rückgang von 3,2 Prozent.

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Der Auftragseingang bei Vorleistungsgütern (Materialien und Dienstleistungen für den Produktionsprozess) stieg im Dezember 2024 um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Bei Investitions- und Konsumgütern stiegen die Aufträge um 10,9 Prozent beziehungsweise 7,7 Prozent. Aus dem Ausland kamen 1,4 Prozent mehr Aufträge, wobei die Eurozone um 6,2 Prozent zulegte. Die Quote für Aufträge aus den restlichen Teilen der Welt sank um 1,5 Prozent.

Der Blick auf das gesamte Jahr 2024

Im Gesamtjahr 2024 lagen die Auftragseingänge in der Industrie kalenderbereinigt (Effekte wie unterschiedliche Anzahl an Arbeitstagen durch Feiertage werden herausgerechnet) um 3,0 Prozent unter dem Vorjahr. Während die erste Jahreshälfte einen Abwärtstrend zeigte, stabilisierte sich die Lage laut den Statistikern in der zweiten Jahreshälfte. Bei Investitionsgütern sanken die Aufträge um 2,5 Prozent, im Maschinenbau um 6,6 Prozent, während die Automobilindustrie mit einem leichten Plus von 0,1 das Jahr abschloss. Der Sonstige Fahrzeugbau verzeichnete einen Anstieg von 3,4 Prozent.

Die Hersteller von Vorleistungsgütern erlitten 2024 einen Rückgang von 4,0 Prozent, insbesondere in der Produktion elektrischer Ausrüstungen (-11,4) und Metallerzeugnissen (-10,7). Für die Chemie- und Papierindustrie vermeldete das Statistische Bundesamt für 2024 leichte Zuwächse in Höhe von 1,8 Prozent und 2,2 Prozent.

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„Insgesamt war der reale Umsatz im Jahr 2024 kalenderbereinigt um 4,0 Prozent niedriger als im Vorjahr, mit einer stabilisierenden Tendenz in der zweiten Jahreshälfte“, heißt es vom Statistischen Bundesamt. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland fasst Nils Jannnsen vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel die Situation prägnant zusammen: „2024 war ein Jahr zum Vergessen für die deutsche Industrie“. Für das laufende Jahr gebe es außerdem keine Anzeichen dafür, dass die Industrie die Einbußen wettmachen könne.

Auch in OWL sind die Auswirkungen der Krise zu spüren. Nach einem Umsatz von 3,4 Milliarden Umsatz geht man bei Phoenix Contact für 2024 von einem Umsatz von 3 Milliarden aus. Die Wago Gruppe aus Minden, die in den vergangenen drei Jahren Umsatzwachstum verzeichnete (2023 1,37 Milliarden) werde das Vorjahresniveau verfehlen, prognostizierte der vor wenigen Tagen aus dem Unternehmen ausgeschiedene CEO Dr. Heiner Lang im August im Interview mit dem Mindener Tageblatt . Es gibt aber auch Positivbeispiele: Denios aus Bad Oeynhausen kratzt in diesem Jahr an der 300 Millionen-Euro-Marke.