Lemgo/Kirchlengern. PROFuture ist die Symbiose aus „Professur“ und „Future“. Konkret geht es in dem Projekt darum, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu qualifizieren und so die besten Köpfe an die Hochschule und die Region zu binden. Das funktioniert unter anderem über sogenannte dreijährige Praxis-Tandemstellen. Dabei arbeiten die Stelleninhaberinnen und -inhaber je zur Hälfte für die TH OWL und für ein hochschulexternes kooperierendes Unternehmen oder eine Institution. Auch die Finanzierung der Stelle teilen sich die Kooperationspartner.

Win-Win-Win-Situation

Auf diese Weise werden zukunftsweisende Fragestellungen direkt an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis bearbeitet: Die Unternehmen erlangen Impulse aus der aktuellen Forschung und die Nachwuchswissenschaftler sammeln Praxiserfahrung parallel zu ihrer wissenschaftlichen Qualifizierung. Nach Abschluss des Programms sind sie mit ihren erworbenen Qualifikationen sowohl für eine Karriere in der Wissenschaft als auch in der Praxis sehr gut aufgestellt.

 

Fachkräfte aus der Region für die Region

„Wir stärken mit unserem Projekt PROFuture gezielt unsere Region und wirken hier dem Fachkräftemangel entgegen“, betont Projektleiterin Dr. Katrin Bünten von der TH OWL. Denn mehr als 60 Prozent der Studierenden kämen bereits aus dem näheren Umfeld, „die Menschen sind hier verankert, und durch unser Projekt wollen wir sie langfristig hier binden“, so Bünten weiter.

Eine Professur zu erlangen an einer Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW), wie der TH OWL, sei durchaus ein besonderer Karriereweg. Denn neben den erforderlichen Fachkenntnissen müssen für HAW-Professuren zwei grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein: die wissenschaftliche Qualifikation, i.d.R. in Form einer abgeschlossenen Promotion, und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung (davon drei Jahre außerhalb einer Hochschule). Die PROFuture-Angebote setzen daher an den unterschiedlichen Karrierestufen an und richten sich an Graduierte, Promovierte und Praxiserfahrene.

 

Ein Tandem für drei

Das jüngste Praxis-Tandem besteht seit Oktober 2024 zwischen der TH OWL im Bereich Holztechnik mit dem Unternehmen Hettich aus Kirchlengern. Nachwuchswissenschaftler Martin Tremmel arbeitet dort in seiner Praxis-Promotionsstelle. Der Schwerpunkt seiner praktischen Tätigkeit liegt in den Bereichen Bewertung, Weiterentwicklung und Praxistests von Beschlagsystemen. Dabei trägt der 30-Jährige entwicklungsseitig die technische Verantwortung für eine Produktgruppe. Seine Forschungstätigkeiten zahlen auf Innovationen in Fertigungsverfahren ein, insbesondere im Hinblick auf die notwendigen Prozessparameter und den Prozessrahmen.

Begleitet wird Praxis-Doktorand Tremmel in seiner Forschungstätigkeit von Steffen Feld, Entwicklungsleitung Produktentwicklung bei Hettich, und Prof. Martin Stosch aus dem Fachbereich Produktions- und Holztechnik aufseiten der TH OWL.

 

„Werde mir zu gegebener Zeit die Frage stellen: Wo werde ich mehr gebraucht?“ Praxis- Doktorand Martin Tremmel

Praxis- Doktorand Martin Tremmel.

„Die Entscheidung für eine Promotion ist eng verbunden mit meinem persönlichen Interesse: Ich möchte lernen. Solange ich die Möglichkeit dazu habe, möchte ich mich weiterbilden”, sagt Tremmel. Zum jetzigen Zeitpunkt könne er noch nicht sagen, ob er sich beruflich später in der Hochschule oder in der Wirtschaft sehe. Beides sei denkbar: „Ich kann an der Hochschule der Kontaktpunkt für Wirtschaftsunternehmen sein – oder aber in der Wirtschaft der Kontaktpunkt für Ansprechpartner aus der Wissenschaft.“ Ihm gehe es um die Zusammenarbeit in der Branche, und er werde sich zu gegebener Zeit die Frage stellen: „Wo werde ich mehr gebraucht?“

 

 

„Wir können nur gewinnen.“ Steffen Feld, Hettich Group

Steffen Feld, Entwicklungsleitung Produktentwicklung, Hettich Group

Das sieht man bei Hettich genauso. „Welche langfristige Berufswahl Herr Tremmel für sich nach Projektabschluss trifft, ist für uns nebensächlich, denn: Wir können nur gewinnen. Entscheidet er sich für eine Karriere bei Hettich, haben wir die richtige Position für ihn. Entscheidet er sich für eine Karriere als HAW-Professor, wird er uns als Netzwerkpartner mitnehmen“, betont Entwicklungsleiter Steffen Feld. Das Unternehmen Hettich kooperiere schon lange und vertrauensvoll mit der TH OWL, sei es in der Interessengemeinschaft Leichtbau e. V. (igeL) oder durch die Übernahme von Lehraufträgen für die Hochschule. Durch diese Tandemstelle werde die Kooperation erweitert und gefestigt. „Zum anderen fördern wir durch dieses Modell mit Herrn Tremmel einen jungen Menschen, der die fachliche Begeisterung für unsere Themen teilt und die große Begabung hat, ‚outside the box‘ zu denken. Das brauchen wir bei Hettich“, betont Feld.

 

 

„Der Erkenntnisgewinn, auch für die Zukunft, liegt im Austausch beider Welten.“ Prof. Martin Stosch, TH OWL

Prof. Martin Stosch, TH OWL.

Die Zusammenarbeit mit anderen und der Blick über den Tellerrand habe grundsätzlich immer einen Mehrwert, ist auch Prof. Martin Stosch, Fachbereich Produktions- und Holztechnik überzeugt: „Eine Kooperation dieser Art ist aber besonders relevant für unsere Hochschule der angewandten Wissenschaften. Es ist unser Anspruch, angewandte Lehre und Forschung zu betreiben.“ Im Rahmen der Tandemstelle könne Martin Tremmel das etwas freiere Denken an der Hochschule und das Verständnis von praktischen Abläufen und Anforderungen des Wirtschaftsbetriebs Hettich zusammenbringen. „Der wirkliche Erkenntnisgewinn, auch für die Zukunft, liegt im Austausch dieser beiden Welten“, meint Stosch.

 

Vielfältige Kooperationen

Seit 2023 realisiert die TH OWL in mehreren ihrer Fachbereiche gemeinsam mit ihren Kooperationspartner erfolgreich die ersten Praxis-Tandemstellen. Die Themen sind vielfältig und reichen von künstlicher Intelligenz im Kommunikationsdesign über nachhaltige Stadtentwicklung im Klimawandel bis hin zu Strategien zur Verbesserung der Datenqualität in der Abwasserreinigung. Mehr dazu und zum Projekt PROFuture findet man unter ProFUTURE.