Minden . Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist ins Schwanken geraten. Stark gemacht haben ihn nach dem zweiten Weltkrieg Menschen, die eine Idee hatten, sich etwas trauten und einfach machten. Beispiele finden sich auch in unserer Region. Einige, nun als Global Player bezeichnete Unternehmen wurden in der heimischen Garage gegründet. Hätte es vor Jahrzehnten das Gründerzentrum StartMIndenUp gegeben, wären wohl einige Gründer von damals dort anzutreffen.

Das Unternehmen Harting wurde 1945 in einer kleinen Mindener Reparaturwerkstatt gegründet. 2016 stattete US-Präsident Barack Obama dem Unternehmen gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel auf der Hannover Messe einen Besuch ab.

Ganz soweit sind die Gründer aus dem Co-Working-Space am Simeonscarré noch nicht. Aber das kann ja noch werden. Schließlich wurden aus den 2019 auf Betreiben der Mindener Wirtschaftsförderung und der Sparkasse Minden-Lübbecke und des Campus Minden eröffneten Räumen heraus schon Erfolgsgeschichten geschrieben.

Das Unternehmen Liwave entwickelte hier seine Idee von einem modularen Rucksacksystem zu einem Geschäftsmodell weiter. Auch die ersten Prototypen wurden in den modernen Räumen hergestellt. Mittlerweile ist Liwave dem Gründerzentrum entwachsen und hat seine eigene Manufaktur an der Ringstraße.

Eine Erfolgsgeschichte schrieben die Gründer von Liwave, die mit ihren innovativen Rucksäcken so viele Kunden erreichten, dass sie ihren Firmensitz inzwischen verlegt haben. Foto: pr/StartMiUp/René Röbke

Die zweite Erfolgsgeschichte schreibt das Unternehmen Admijalo. Ihre Dienstleistung, digitale Schwachstellen zu identifizieren und so Unternehmen vor Hackerangriffen schützen zu können, ist stark nachgefragt.

Die Welt ein bisschen grüner zu machen, haben sich die Gründer von Reset Mare auf die Fahnen geschrieben. Sie entwickeln Lösungen, mit denen Kunststoffabfälle mit einem thermischen Verfahren zu Strom, Wärme oder auch Kälte umgewandelt werden können. Das Besondere daran: Das Verfahren soll preisgünstig und einfach zu bedienen sein. Müll sammelnde Menschen in Schwellen- und armen Küstenländern mit hohem Abfallaufkommen können Geld verdienen. Das ist aus sozialer und aus Umweltsicht nachhaltig.

Bei PitchMiUp 2023 gewann Reset Mare den Publikumspreis. Hier nimmt Gründer Burkard Schulte den Preis aus den Händen des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Minden-Lübbecke, Volker Böttcher, in Empfang. Foto: pr/StartMiUp/René Röbke

Natürlich ziehen auch solche Unternehmergeschichten Gründer nach Minden. Seit der Eröffnung haben rund 100 Gründer und Unternehmen aus dem gesamten Kreisgebiet, den Kreisen Herford, Schaumburg und auch Nienburg die Infrastruktur im StartMIndenUP genutzt. „Weil die Schreibtische nicht zu jeder Zeit von den Gründern belegt sind, können wir sie auch mehrfach vermieten. Weil wir somit keiner klassischen Limitierung unterliegen, geht natürlich immer noch mehr. Die Fläche ist gut ausgelastet“, sagt Jens Lütke-Börding, der Leiter des Gründerzentrums, zufrieden.

Wichtiger als die Infrastruktur ist das Mentoring und die Kontakte

Die Vorteile für einen Gründer liegen auf der Hand: Mit einem geringen Kostenrisiko Infrastruktur wie Schreibtisch, Konferenz- oder Ruheräume für konzentriertes Arbeiten nutzen. Hinzukommt der Kontakt und der Austausch mit Gleichgesinnten der Startup-Szene.

Womöglich noch viel wichtiger sind die Möglichkeiten, die StartMIndenUP den Gründern außerdem eröffnet. Über das Gründerzentrum erhalten die Jungunternehmer Zugang zu Netzwerken, den Austausch mit anderen Unternehmen, Mentoren oder Investoren. Das Mentoring umfasst beispielsweise Hilfe bei der Entwicklung von Geschäftsideen, Feedback zur Produktentwicklung, der Ausarbeitung von Geschäftsplänen, der Identifizierung von Zielmärkten und der Entwicklung von Wachstumsstrategien. In den vergangenen Jahren haben weit über 500 Startups und potenzielle Gründer diese Möglichkeit in Anspruch genommen.

Joana Beste und Tobian Jost gründeten Knowlist und gewannen 2023 ebenfalls einen der drei Publikumspreise. Ihr Unternehmen ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, in praxisnahen Challenges in verschiedene Berufsfelder hineinzuschnuppern. Ihr Unternehmen wurde von einem Fachportal zu jenen 25 Startups gezählt, die man in OWL kennen sollte. Foto: pr/StartMindenUp/René Röbke

StartMIndenUp trägt somit maßgeblich zu einer lebendigen Gründerszene bei. Generell erkennt Lütke-Börding in den vergangenen Jahren einen Trend: „Unsere Gründerszene wird von Jahr zu Jahr dynamischer, mit einer Vielzahl von innovativen Ideen und Projekten, die regelmäßig entstehen.“ Allerdings beeinflusse auch die aktuelle Wirtschaftslage die Szene. „Insbesondere Startups, die ein B2B-Produkt entwickeln, haben es derzeit schwer. Auch Wagniskapital ist nicht mehr so einfach zu bekommen. Das ist ein weltweites Problem.“

Technologie-orientierte Mittelständler profitieren von StartMindenUp

Im fünften Jahr nach der Eröffnung hat sich StartMIndenUP als Akteur in der heimischen Wirtschaft stark etabliert, wie Lütke-Börding betont. Die bekannten Mittelständler der Region, insbesondere die technologieorientierten, profitieren von den Gründern und suchten aktiv den Kontakt. Die Gründe dafür seien vielfältig, führt Lütke-Börding aus. Ein Grund ist auch der Fachkräftemangel. „Startups ziehen oft talentierte Fachkräfte an, die an innovativen Projekten arbeiten möchten. Etablierte Unternehmen können von dieser Talentpool profitieren, indem sie Partnerschaften eingehen oder sie möglicherweise übernehmen“, weiß Lütke-Börding.  Zudem seien Gründer, die mit ihrer Unternehmensgründung scheitern, gefragte Fachkräfte für etablierte Unternehmen.

Interview: Drei Fragen an Jens Lütke-Börding

Gibt es eigentlich das klassische Startup-Alter?

Es gibt kein festgelegtes ‚klassisches‘ Startup-Alter. Viele bekannt und groß gewordene Startups wurden von Gründern im Alter zwischen 20 und 30 Jahren aus der Taufe gehoben. Das hat möglicherweise stereotypische Bild des jungen, ehrgeizigen Gründers in den Metropolen gefördert.

Ist das in der Gründerszene in OWL anders?

Ja, in der Tat ist das etwas anders. Hier sind auch erfahrene Gründer anzutreffen. Sie haben bereits erfolgreich einige Jahre im Angestelltenverhältnis gearbeitet und wollen nun aber in ihrer Heimatstadt ihr eigenes Unternehmen gründen. Diese Erfahrung, Branchenkenntnisse, ein gewisses Maß an finanzieller Stabilität und ein starkes berufliches Netzwerk können dann zu einem Vorteil für diese Gründer werden.

Unternehmer haben das StartMindenUp im Blick. Was motiviert die Unternehmen, sich einzubringen?

Viele Unternehmer fühlen sich stark mit unserer Region verbunden. Durch die Unterstützung von Startups möchten sie die Region stärken und tragen darüber hinaus zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Innovationen und Wachstum bei. Langfristig kann das auch ihnen selbst als zugutekommen.