Blomberg . Wer den Schmuckenberger Weg hinabfährt, reibt sich zunächst verwundert die Augen. Nein, in Blomberg ist kein UFO gelandet. Die kreisrunde, dem Sonnenstand folgende Scheibe ist ein mit zwölf Metern Durchmesser. Der absorbiert so die maximal mögliche Sonnenenergie. Und wie auf Kommando biegt von der anderen Seite ein leise vor sich hin summender, elektrisch betriebener 18 Tonner in den Kreisverkehr. Natürlich auch aufgeladen mit nachhaltig gewonnener Energie aus Sonne oder Wind.

Was hier direkt auf den ersten Blick klar wird: Die Energiewende gelingt vor allem nur dann, wenn   alle Sektoren – also – mitgedacht werden. Die Vision von Phoenix Contact lautet: Alle Sektoren leistungstechnisch und kommunikativ miteinander vernetzen. Und das möglichst innerhalb der kommenden zehn Jahre.

Und der All Electric Society Park zeigt eindrucksvoll, dass das alles keine visionäre Zukunftsutopie ist, sondern dass die technischen Voraussetzungen schon existieren. Wie glücklich darüber, sich auf den Weg gemacht zu haben und wie zufrieden man bei Phoenix Contact mit dem Ergebnis ist, unterstreicht CEO Frank Stührenberg: „Im All Electric Society Park wird die Vision einer Welt, in der es genügend bezahlbare Energie aus regenerativen Quellen gibt und die daher auf den Einsatz von fossilen Brennstoffen verzichten kann, im Hier und Heute greifbar.“

Alle Lebensbereiche sind ein vernetztes Gesamtsystem

Denn die Nutzung der regenerativen Energie aus Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen ist zum einen direkt an Ort und Stelle möglich, aber auch indirekt durch Umwandlung oder Speicherung. Möglich macht dies das Zusammenspiel von Elektrotechnik, Elektronik und Automation. Was noch fehlt? Der Ausbau der Stromnetze, um Energie dorthin zu transportieren, wo sie benötigt wird und das Verständnis, alle Lebens- und Arbeitsbereiche (Mobilität, Energie, Infrastruktur , Industrie ) als ein Gesamtsystem zu verstehen. In erster Linie geht es aber dem Team des All Electric Society Parks und dem gesamten lippischen Technologieunternehmen darum, möglichst vielen Menschen ein Bild davon zu vermitteln, wie eine Welt ohne Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen aussehen kann.

Natürlich richtet sich der All Electric Society Park auch an junge Fachkräfte, um sie für Phoenix Contact als Arbeitgeber zu begeistern. Aber generell möchte das Unternehmen so viele Menschen mit diesem Themenpark erreichen. Foto: Phoenix Contact

Deshalb war es dem Team des All Electric Society Park wichtig, die 7.800 Quadratmeter große Fläche und seine verschiedenen Stationen didaktisch so verständlich wie möglich aufzubereiten – auch für Menschen ohne technisches Hintergrundwissen. So betonen Sarah Pyritz und Kollegin Senta Pietschmann auch, dass sich Gruppen – egal ob Verein oder Nachbarschaftsrunde – für kostenlose Führungen anmelden können. Und weil man alle Generationen mitnehmen möchte, öffnete Phoenix Contact den All Electric Society Park auch Maus, Elefant und Ente. Mehr als 100 Kinder bestaunten bei der deutschlandweiten Aktion „Türen auf mit der Maus“ die unterschiedlichen Stationen, an denen verdeutlicht wird, wie Energie künftig gewonnen, gespeichert und verteilt werden kann.

Glückliche Kinderaugen und begeisterte Erwachsene im All Electric Society Park: Eine schöne Aktion von der Sendung mit der Maus, bei der sich Firmen wie Phoenix Contact für den Nachwuchs öffnen. Der All Electric Society Park ist – neben diesem besonderen Aktionstag – aber auch an jedem anderen Tag für alle geöffnet. Foto: Phoenix Contact

Neben dem eingangs erwähnten Solartracker gibt es nämlich noch weitere acht interessante Stationen, zum Teil auch Cubes genannt. Besonders ins Auge sticht sicher davon der All Electric Society Pavillon, ein zweistöckiges Gebäude komplett aus Glas, das auch für firmeninterne Fortbildungen und Veranstaltungen genutzt wird. Zwischen die Glasscheiben wurden kleine PV-Module eingebaut. Die kubische, bauhausähnliche Form des Gebäudes verstärkt den futuristischen Eindruck. Übrigens steckt in diesem Gebäude ein großes Stück OWL. Das nötige Glas stammt von Schüco aus Bielefeld.

„So kann der All Electric Society Park ein Puzzlestück sein auf dem Weg zu einer lebenswerten Zukunft, auch für unsere Kinder und Enkel. Jetzt braucht es nur noch Mut und Aufbruch, um Technologie und Knowhow dafür umfassend zu nutzen.“ Frank Stührenberg

Direkt neben Hautgebäude sticht der Windtree ins Auge. Die 36 sich vertikal drehenden kleinen „Blätter“ erzeugen schon ab einer Windgeschwindigkeit von 2,5 Metern in der Sekunden Energie. Dem Energieträger Wind widmet sich auch die aufgebaute Gondel eines Windrades. Besucher müssen nicht rund hundert Meter in die Höhe steigen, um einen interaktiven Einblick in den Turm oder die Rotorblätter zu bekommen.

Der Solartracker wandert mit der Sonne liefert verlässlich die bislang maximal mögliche Leistung. Foto: Phoenix Contact

Direkt am Fuß von Windkraft-Anlagen befinden sich in der Regel auch Trafos. Diese transformieren den erzeugten Strom hoch auf bis zu 30 Kilovolt, damit dieser über längere Strecken auch in die Nähe des Verbrauchers transportiert werden kann. Dort, wo der Strom dann in das Haushalte und Betriebe versorgende Stromnetz eingespeist werden soll, müssen Trafos diese Hochspannung wieder in die benötigte Mittelspannung zwischen 400 und 1.000 Volt umgewandelt werden. Auch das ist im All Electric Society Park zu sehen.

Denn hinter Glasscheiben verrichten zwei Trafos mit zukunftweisender und darüber hinaus noch deutlich umweltfreundlicherer Technologie ihren Dienst. Statt Schwefelhexafluorid, das 23.500-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid, wird Luft als Isoliermedium verwendet. Gekühlt werden die Anlagen nicht wie oft noch üblich mit Mineralöl, sondern mittels einer biologisch abbaubaren Ester-Flüssigkeit.

Schon ab 2,5 Metern pro Sekunde Wind produziert der Windtree Energie. Also schon bei kaum spürbarem Wind. Foto: Phoenix Contact

Energie wird auch aus einer 26 Quadratmetern großen Fläche mit Solar-Pflastersteinen gewonnen. Doch was passiert eigentlich mit überschüssiger Energie? Ganz einfach: Sie wird in einem Lithium-Eisenphosphatspeicher vorgehalten. Bis zu 1,2 Megatwattstunden können hier gespeichert werden. Rund 150 Einfamilienhäuser könnten mit dieser Reserve einen Tag lang versorgt werden. Im E-Mobilitätsladepark wird gezeigt, wie E-Autos nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern darüber hinaus in Zukunft auch als Energiespeicher genutzt werden könnten.

Auch in Dunkelphasen wird Energie erzeugt. Sollte zusätzliche Energie benötigt werden, wird diese aus den Speichern gezogen. Foto: Phoenix Contact

Übrigens: An manchen Tagen könnte man meinen, das leise Summen kommt von der erzeugten Energie und den Energieflüssen der Stationen untereinander. Weit gefehlt. Es stammt eher von den Insekten. Denn die Zukunft ist auch grün Bepflanzte Dächer, Fassaden von Trafohäuschen oder der an einer zehn Meter hohen Agri-PV-Anlage tragen nicht nur zur Verbesserung des Mikroklimas bei, sondern bieten auch vielen Insektenarten einen Lebensraum.

Auf der Rückfahrt setzen sich die vielen in dem All Electric Society Park gewonnenen Eindrücke und erhaltenen Informationen im Kopf zu einem Bild zusammen. Die in der mitunter sehr emotional geführten Debatte um die Energiewende mitschwingenden Verlustängste, muss man als Gesellschaft nicht haben. Denn Phoenix Contact zeigt der Öffentlichkeit mit seinem Park auf, dass die technischen Möglichkeiten schon gegeben sind. Oder wir CEO Frank Stührenberg es formuliert: „Der All Electric Society Park kann so ein Puzzlestück auf dem Weg zu einer lebenswerten Zukunft, auch für unsere Kinder und Enkel, sein. Jetzt braucht es nur noch Mut und Aufbruch, um Technologie und Knowhow dafür umfassend zu nutzen.“

Info: Daten und Fakten zum All Electric Society Park

  • Vom Spatenstich bis zur Fertigstellung des All Electric Society Park verging rund ein Jahr.  Phoenix Contact investierte für dieses Vorzeigeprojekt rund 20Millionen Euro und ist auch ein Bekenntnis zum Standort Blomberg. Der bisher 7.800 Quadratmeter große Park soll noch erweitert werden.
  • Die im All Electric Society Park erzeugte Energie könnte 40 Einfamilienhäuser ein ganzes Jahr lang versorgen.
  • Beim Bau der Anlage kamen nachhaltige Materialien zum Einsatz. Dank Carbon-Beton konnte die Wandstärke der Trafostation von 14 Zentimeter auf acht reduziert werden. Insgesamt wurde somit ein Drittel Beton eingespart.
  • Die insgesamt 550 verbauten PV-Module erzeugen 155.000 Kilowattstunden Energie.
  • Um die Vision zu veranschaulichen, wurden 19 Kilometer Kabel verlegt.
  • Führungen sind nach Buchung möglich. Die einzelnen Cubes sind täglich von 7 bis 21 Uhr durchgehend geöffnet. In den Cubes wird Besuchern in anschaulichen Videos die Funktionsweise erklärt. Tiefergehende Informationen können über QR-Codes abgerufen werden.