Lemgo. Aller Anfang ist schwer – so weit, so bekannt. Das gilt auch für Unternehmen und Start-ups und deren neue Produkte. Hilfe bietet die Campus Foundery OWL der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL). Das Gründungszentrum ist erste Anlaufstelle und offener Treffpunkt für Gründungsinteressierte und ein offener Treffpunkt, um erste Ideen zu besprechen. In erster Linie steht sie Hochschulangehörigen – also Studierenden und Mitarbeitenden – zur Verfügung, versteht sich aber auch als Ansprechpartner fürs lippische Unternehmertum.

Aushängeschild ist der noch junge Masterstudiengang „Applied Entrepreneurship“. Hier lernen Studierende von der Pike auf anhand eigener echter Projekte, wie sie ein eigenes Unternehmen auf die Beine stellen. Viele haben über diesen Weg bereits die Gründung eines eigenen Unternehmens geschafft.

Der Fokus liegt auf der Praxis

Ziel der Campus Foundery OWL ist es, Ideen möglich zu machen, erklärt Professor Andreas Welling, Leiter des Gründungszentrums. Die Master-Studierenden lernen, forschen und arbeiten zwei Jahre an eigenen Projekten – an deren Ende im Idealfall die tatsächliche Unternehmensgründung steht. Das „Applied“ (Deutsch: „angewandt“) im Titel deutet an, worum es geht: Das Studium ist nicht rein theoretisch, sondern stark praktisch ausgelegt. Mit ganz viel „Learning by doing“, meint Welling.

Professor Dr. Andreas Welling, Leiter des Gründungszentrums. Foto: TH OWL

Gleichzeitig bietet die TH dafür einen geschützten Rahmen, in dem Gründungsideen praktisch ausprobiert und realisiert werden. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, betont Andreas Wellig. Denn auf dem Campus in Lemgo gibt es beste Voraussetzungen: das IA-Lab in der Smartfactory OWL ist für den Bereich IT/Elektronik ausgerüstet, das „FoodLab“ steht für den Bereich Lebensmittel, Getränke, Kosmetik zur Verfügung und im „KreativLab“ können sich die Studierenden im Bereich Video, Foto und Ton ausprobieren.

Die alles entscheidende Frage: Wer ist der Kunde?

Am Anfang steht dabei immer die Frage: Wer ist der Kunde, und braucht er mein Produkt, meine Dienstleistung? „Wenn ich das weiß und gelöst habe, habe ich 80 Prozent der Gründung geschafft“, ist sich Andreas Welling sicher. Daher dreht sich das erste Semester genau um diese Frage. Dann werden Prototypen angefertigt, getestet und weiterentwickelt.

Der Studiengang „Applied Entrepreneurship“ richtet sich an jeden mit abgeschlossenem Bachelorstudium aus allen möglichen Fachrichtungen. Denn: Für eine erfolgreiche Gründung braucht es Input und Expertise aus vielen Gebieten. Von daher sind sowohl Betriebswirte und Ingenieure aber auch Sozial- und Geisteswissenschaftler willkommen. Daher arbeiten die Studierenden in kleinen Teams jeweils an einem Projekt. Und jeder bringt sich und sein Wissen und Können optimal ein.

Theorie trifft Praxis

Selbstverständlich werden auch theoretische Grundlagen gelegt: Geschäftspläne entwickeln, Finanzierungen stemmen und – ganz wichtig – Rhetorik und Kommunikation sind Teile des Lehrplans. Und auch psychologisches Wissen und Statistik gehören dazu, etwa, um Fragebögen zu erstellen und auszuwerten. Darauf kann dann eine passende Marketingstrategie entwickelt werden – ein wichtiger Punkt bei einem Start-up.

Die reine Präsenzlehre konzentriert sich, neben Online-Vorlesungen, auf einen Tag pro Woche, so bleibt stets genug Zeit für die Praxis.

Vielfältige Ideen werden hier Realität

Sehr unterschiedliche Projekte wurden und werden an der Campus Foundery OWL verwirklicht. „Cascaritas“ ist bereits auf dem Markt für Erfrischungsgetränke aktiv mit einem einzigartigen Getränk, gemacht aus dem Fruchtfleisch der Kaffeekirschen (das ist das Fruchtfleisch, das die Kaffeebohnen umhüllt).

Unter dem Label „Oneware” entstehen die Schaltschränke der Zukunft. Die Gründer haben eine neuartige Steuerung für Industrieanlagen und Anwendungen auf Basis von künstlicher Intelligenz entwickelt.

Das Team von „Valetudoo“ treibt die Entwicklung moderner Trainingsgeräte und die Digitalisierung der Physiotherapie voran. Ihr intelligenter Kabelzugturm ist als Trainingsgerät für Fitness-Studios konzipiert. Die Belastung für den Sportler lässt sich stufenlos einstellen. Und das Gerät sagt einem auch, ob man die Übungen richtig macht.

Forschung ist Teamwork: Emu Saha und Dustin Schäfernolte sind Masterstudierende des Studiengangs „Applied Entrepreneurship“. Foto: TH OWL

Eine weitere Gruppe entwickelt eine Art Tinyhouse für Bullis. Die Idee: Ein anpassbares Modul lässt sich mit wenigen Handgriffen in einen x-beliebigen Transporter einbauen, der auf diese Weise schnell und bequem zum Camper wird. Der sonst notwendige, langwierige Umbau des Fahrzeugs entfällt. Weiterer Vorteil: Nach dem Urlaub lässt sich die Wohneinheit einfach wieder ausbauen, zusammenklappen und platzsparend lagern. Und der Bulli steht wieder zum Transportieren bereit.

Jetzt noch bewerben!

Wer eine Idee hat und damit durchstarten möchte, ein Unternehmen gründen möchte und auf der Suche nach den passenden Partnern ist, kann sich noch fürs nächste Semester anmelden.

Bis Mitte Oktober läuft die Frist. In einem Bewerbungsverfahren werden die eingereichten Gründungsideen gesichtet. Entscheidend ist: „eine gute Idee und Begeisterung für die Sache“, betont Andreas Welling.

Impulse für die regionale Wirtschaft

In Lemgo werden aus guten Ideen neue Start-ups, die als Unternehmen wiederum wichtige Impulse für die Wirtschaft setzen und sie stärken. Denn „die Start-ups von heute sind die Mittelständler von morgen“, weiß Andreas Welling.

Doch auch wenn am Ende des Masterstudiums keine Unternehmensgründung gelingt, sind die Absolventen hervorragend ausgebildet und haben dank des Praxisanteils bereits fundierte Berufserfahrung. Damit ergibt sich ein weiterer Vorteil: „Wir bilden hier auch potenzielle Nachfolger für Firmeninhaber und Geschäftsführer aus“, betont Andreas Welling.

Unterstützung für alle Gründungsinteressierten

In der Campus Foundery OWL können sich auch andere Hochschulangehörige kompetent unter die Arme greifen lassen, wenn sie zum Beispiel mit einer Erfindung oder einem Produkt oder einer Firma an den Start gehen wollen. Und auch, wer nicht Teil der TH-Familie ist, bekommt hier Rat und Hilfe in Form einer kostenlosen Erstberatung etwa zu Fördermöglichkeiten, Coaching oder Businessplänen.

Der Co-Working-Space im Erdgeschoss des InnovationSPIN. Hier stehen den angehenden Gründern zahlreiche Arbeitsplätze zur freien Verfügung. Foto: TH OWL

Eine niederschwellige Möglichkeit der Kontaktaufnahme bietet die „Gründungskneipe“. Das regelmäßige Netzwerk-Event bietet allen mit einer Gründungsidee, allen Gründungsinteressierten, Studierenden, Start-Ups und Selbstständigen eine Plattform, um sich über Ideen, Fragen und Probleme in einer lockeren Atmosphäre auszutauschen und weiterzubilden. Termine und viele weitere Informationen findet man unter www.th-owl.de/gruenden .

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