Minden . Schon lange ist das Thema Nachhaltigkeit bei den Unternehmen angekommen. Das gilt nicht nur für die Industrie, sondern auch für den Handel und den Dienstleistungssektor.

Immer mehr neue Einzelhandelsfilialen werden unter Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten errichtet. Konsumenten und Businesspartner achten verstärkt auch auf Nachhaltigkeit. Zukünftige Auszubildende und Arbeitskräfte stellen in Bewerbungsgesprächen immer öfter Fragen zur Nachhaltigkeit im Unternehmen. Die Einhaltung von Umweltstandards trägt zum Unternehmensimage bei und ist ein wichtiger Faktor im Wettbewerb mit anderen Unternehmen geworden.

Investitionen in Umweltschutz: Unternehmen setzen auf Nachhaltigkeit

Mittlerweile legen unsere Firmen ihre ostwestfälische Zurückhaltung ab und sprechen offen über ihr Umweltengagement. Beispiele sind großflächige Installationen von Solarelementen, die natürliche und nachhaltige Getränkeproduktion und der Ersatz beziehungsweise die deutliche Reduzierung von wasserbelastenden Hilfsmitteln bei der Produktion.

Wirtschaft ohne Nachhaltigkeit funktioniert nicht mehr. Nachhaltigkeit ohne Wirtschaft aber auch nicht. Viele Unternehmen verbessern schrittweise ihre Produkte und Dienstleistungen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten oder stellen direkt Produkte für Umweltschutz und Nachhaltigkeit her. Immer mehr Unternehmen engagieren sich zudem in der Wiederaufforstung der heimischen durch Trockenheit, Windwurf und Borkenkäfer gestressten Wälder.

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Selbst in der aktuell weiter anhaltenden konjunkturellen Schwäche und trotz der fehlenden Aussichten auf eine durchgreifende Besserung in den kommenden zwölf Monaten, investieren die Unternehmen nennenswert und vorausschauend in Umweltschutz. Mehr als 23 Prozent der Industrieunternehmen im Kreis Minden-Lübbecke gaben den Umweltschutz in der Herbstkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) als ein Hauptmotiv ihrer Inlandsinvestitionen in den kommenden zwölf Monaten an. Mehrfachnennungen waren möglich.

In der Zeit zwischen Herbst 2019 und Herbst 2021, also vor und während der Corona-Pandemie, waren es nur zwischen 6,2 Prozent und 17,7 Prozent. An der Umfrage beteiligten sich im August dieses Jahres im Kreis Minden-Lübbecke 310 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung mit insgesamt rund 17.500 Beschäftigten.

Probleme mit Bürokratie und rechtlichen Vorgaben

Schwierig kann es mit rechtlichen Vorgaben und Bürokratie werden. Jährlich bestimmte Energieeinsparziele erreichen zu müssen, ist für manches Unternehmen praxisfremd. Wenn beispielsweise der Energieverbrauch wesentlich an einem dieselgetriebenen Fuhrpark hängt, verliert ein mobilitätsorientiertes Unternehmen bei einem Wechsel in den gefordert großen Schritten zum Elektroantrieb seine Wettbewerbsfähigkeit. Ohne Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen, geht es also nicht.

Rechtliche Vorgaben für jährliche Einsparquoten dürfen auch nicht zu Überlegungen in den Unternehmen führen, die bevorstehende Installation oder Freischaltung neuer Solaranlagen auf ihren Dächern über mehrere Jahre zu strecken. Das ginge auf Kosten einer schnell realisierbaren Nachhaltigkeit.

Bürokratie wirkt als Bremsklotz, wenn ein Unternehmen feststellt, dass seine jahrzehntelang bestehende Hofentwässerung ohne Vorbehandlung in einem weiter entfernten Bach mündet und das ändern möchte. Der Wunsch des Betriebes, zügig an die städtische Kanalisation angeschlossen zu werden, scheiterte bisher an behördlich zu verantwortenden Ausschreibungs- und Planungsvorgaben.

Zusätzlich beobachten wir mit Sorge, dass immer mehr Berichtspflichten allein rund um die Themen Nachhaltigkeit und Lieferketten insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen kaum noch zu leisten sind.

Wie die IHK ihre Unternehmen unterstützt

Die seit Jahrzehnten immer weiter konsequent ausgebauten Nachhaltigkeits- und Umweltaktivitäten der IHK sind vielfältig. Neben dem im Mai 1992 konstituierten IHK-Umweltausschuss mit 40 Mitgliedern und Gästen zählt die 1988 gegründete Erfahrungsaustauschgruppe Umwelt (kurz „Erfa Umwelt“) etwa 90 Umweltbeauftragte ostwestfälischer Unternehmen. Die IHK-Klimainitiative „Gemeinsam klimaneutral 2030“ wurde 2022 ins Leben gerufen und hat derzeit mehr als 80 Mitglieder. Darin werden bereits engagierte Betriebe in OWL eingebunden und weitere Unternehmen zum Klimaschutz motiviert, die sich bisher noch nicht so intensiv mit dem Thema befasst haben.

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Darüber hinaus bietet die IHK seit vielen Jahren das Azubi-Projekt „Energie-Scouts OWL“ an, das übrigens schon viele Bundessieger aus unserer Region hervorgebracht hat. Bei diesem Projekt werden Azubis geschult und sie stoßen in ihren Ausbildungsbetrieben Energie- und Ressourceneffizienzprojekte an. In OWL haben sich mit bisher über 1.000 Teilnehmenden aus mehr als 250 Betrieben im Bundesvergleich die mit Abstand meisten Auszubildenden engagiert.

Das Siegel „Ausgezeichnet Fahrradfreundlich“ vergab die IHK 2023 erstmals in Paderborn und in diesem Jahr auch an Unternehmen in Bielefeld, die sich für die fahrradfreundliche Mobilität ihrer Mitarbeitenden engagieren. Es ist geplant, die Aktion auf Minden-Lübbecke auszuweiten.

Im Jahr 1995 wurde die Umweltstiftung der ostwestfälischen Wirtschaft gegründet. Sie arbeitet mit Mitteln des gewonnenen Deutschen Umweltpreises 1994 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und mit Mittelaufstockungen aus dem IHK-Haushalt. Dabei ging es beispielsweise in der Vergangenheit um die Förderung der Kopfweidenpflege und Nistkästen in Porta Westfalica. Aktuell werden zudem zwei Studenten eines Umwelt-Studiengangs aus der Region gefördert. Sie erhalten aus dem Studienfonds OWL/Deutschlandstipendium ein Stipendium.

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In Minden-Lübbecke ist die IHK-Zweigstelle Minden seit vielen Jahren Mitglied in der Arbeitsgruppe und in der Zertifizierungskommission des ökologischen Projektes für integrierte Umwelttechnik, kurz „Ökoprofit“. Dieses Label erhalten die teilnehmenden Unternehmen, wenn sie eine Reihe von Kriterien aus verschiedenen Umweltbereichen wie Gefahrstoffe, Abfall, Wasser und Luft erfüllen und hierzu an Workshops teilgenommen haben.

Was macht die IHK selbst?

Die IHK engagierte sich in diesem Jahr im Rahmen ihres 175-jährigen Jubiläums mit einer Baumpflanzaktion. Dabei wurden in der Region mehr als 1.000 klimaresiliente Bäume gepflanzt. Seit längerer Zeit ist das Flachdach der IHK-Zentrale in Bielefeld begrünt und es gibt Stromladesäulen für Pkw. Der IHK-Fuhrpark wurde teilweise gegen Elektro- und Hybridautos ausgetauscht. Auf dem Gebäude der IHK-Zweigstelle Paderborn wird auf einer Fläche von 175 Quadratmetern eine PV-Anlage errichtet, die rund 40 Prozent ihres Strombedarfs deckt.