Bielefeld . „Eine gut ausgebaute und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist eine wesentliche Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Sie ist auch in Ostwestfalen einer der wichtigsten Standortfaktoren“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke bei der Vorstellung des Positionspapiers am 24. September in der IHK in Bielefeld.

„Der Einsatz für Infrastruktur ist für eine regionale Institution wie unsere IHK eine wichtige Aufgabe, die durchaus konfliktreich sein kann“, erläutert Pigerl-Radtke. „Aus diesem Grund ist das neue IHK-Positionspapier von besonderer Bedeutung, da es die abgestimmte Meinung der gewerblichen Wirtschaft Ostwestfalens zusammenfasst und es auf dieser Basis möglich ist, entsprechende Forderungen in Richtung Politik und in der öffentlichen Diskussion zu formulieren und zu vertreten.“

Viele Straßen in Deutschland, NRW und auch in Ostwestfalen sind in einem schlechten Zustand. Die öffentlichen Träger kommen mit dem Neubau von Autobahnen, Bundes-, – Land-, oder Kreisstraßen nicht zügig genug voran. Foto: pixabay

Die Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums geht bis 2051 deutschlandweit von einer Zunahme des Güterverkehrs um 46 Prozent aus. Der Großteil davon entfällt auf den straßengebundenen Lkw-Anteil. „Wenn wir auf den aktuellen Zustand unserer Infrastruktur schauen, müssen wir leider feststellen, dass die Finanz- und Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte zu Sanierungsstau, Kapazitätsengpässen sowie maroden Verkehrswegen und Bauwerken geführt hat“, sagt Dr. Klaus Bockermann, Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses.

Schlechte Straßen in Ostwestfalen erhöhen die Transportkosten

Mehr als die Hälfte der Fahrbahnen in Nordrhein-Westfalen seien in der aktuellen Version des Landes-Straßenzustandsberichts als sehr schlecht oder schlecht bewertet. Die Altersstruktur von Brücken und der erhebliche Gewichtsanstieg des Verkehrs in den vergangenen Jahrzehnten führen vielfach zu eingeschränkter Tragfähigkeit dieser Bauwerke. „Für die Wirtschaft wird die Sanierung der Infrastruktur zur Belastungsprobe. Zum einen steigen Zeit- und Kostenaufwendungen für die Mobilitätsbedürfnisse deutlich, zum anderen nimmt die Kalkulierbarkeit von Transporten und damit die Verlässlichkeit ab“, so Bockermann.

Das Wasserstraßenkreuz und die Schachtschleuse in Minden verbinden die Weser und den Mittellandkanal. Damit eine der wichtigsten Wasserstraßen Deutschlands weiter voll funktionstüchtig ist, muss permanent in die Instandhaltung der Schleuse investiert werden. Foto: pixabay

In dem Positionspapier werden 15 Forderungen aufgestellt, die in drei relevanten Handlungsfeldern gebündelt werden: Handlungsfeld I beschäftigt sich mit dem Thema „Verkehre sicherstellen, optimieren und verknüpfen“. Dabei geht es um die Erreichbarkeit der Innenstädte , Verbesserungen im ÖPNV und im Radverkehr sowie eine stärkere Berücksichtigung der Logistik in der Planung. Im Handlungsfeld II rücken die Themen „Infrastruktur erhalten und ausbauen“ in den Fokus. Das Handlungsfeld III widmet sich dem Thema „Zukunftsgerichtete Rahmenbedingungen schaffen“, es umfasst auch die Integration digitaler Technologien und intelligenter Verkehrssysteme.

„Der Wirtschaftsverkehr findet bei kommunalen Planungen und der Aufstellung von Mobilitätskonzepten zu wenig Berücksichtigung.“ Dr. Klaus Bockermann

„Für das vorliegende Papier haben wir im IHK-Verkehrsausschuss eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den Themen Verkehrsinfrastruktur und Mobilität intensiv und umfassend auseinandergesetzt hat“, erläutert Bockermann. Der Arbeitsgruppe gehörten 14 der 57 Mitglieder des Verkehrsausschusses an sowie drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IHK. Aufgabe des Verkehrsausschusses ist es, die Vollversammlung zu aktuellen verkehrspolitischen Themen zu beraten und verkehrspolitische Positionen vorzubereiten. Das aktuelle Positionspapier wurde von der IHK-Vollversammlung am 2. September einstimmig angenommen und löst damit das Positionspapier von 2017 ab.

„Der Wirtschaftsverkehr findet bei kommunalen Planungen und der Aufstellung von Mobilitätskonzepten zu wenig Berücksichtigung. Wir fordern deshalb eine stärkere Berücksichtigung der Liefer- und Entsorgungsverkehre bei kommunalen Planungen und größere Anstrengungen, um den Ausfall von Straßen, Brücken, Schleusen und Schienenstrecken zu verhindern“, nennt Bockermann eine Forderung aus dem Positionspapier.

Mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlegen, wird schon lange angestrebt. Doch auch hier zeigen sich die versäumten Investitionen in den Schienenverkehr massiv. Deswegen ist der Ausbau der Schiene zwischen Bielefeld und Hannover ein wichtiger Punkt im Positionspapier der IHK Ostwestfalen zur Infrastruktur. Foto: pixabay

Insgesamt listet das IHK-Papier 49 wichtige Verkehrsprojekte für die Region auf. „Die Straße ist in Ostwestfalen nach wie vor der wichtigste Verkehrsträger. Hier geht es vor allem um die Autobahnen und Bundesstraßen, aber auch um Landes-, Kreis- und Kommunalstraßen, die für die Erschließung zahlreicher Unternehmensstandorte in Ostwestfalen maßgeblich sind“, sagt Götz Dörmann, Geschäftsführer Verkehr bei der IHK. Als Projekte nennt er unter anderem den Ausbau der B64n mit der Ortsumgehung Herzebrock-Clarholz sowie den Bau der B61n als Ortsumgehung in Ummeln.

Bei der Schieneninfrastruktur sei das wichtigste Vorhaben der viergleisige Ausbau der Strecke zwischen Bielefeld und Hannover . Im Bereich der Wasserstraßen komme dem Wasserstraßenkreuz Mittellandkanal/Weser eine besondere Rolle zu. Dort seien Maßnahmen zur Sicherstellung der Befahrbarkeit für Güterschiffe und zum Erhalt der Schleusen wichtig. Beim Thema Luftverkehr stehe die bedarfsgerechte Weiterentwicklung und Optimierung des Flughafens Paderborn/Lippstadt und der Flugplätze Bielefeld und Porta Westfalica im Fokus.