Minden . Besser als Michael Mohe in seinem LinkedIn-Post kann man die dritte Auflage der PitchMiUp Night in Minden eigentlich nicht zusammenfassen. Mohe, BWL-Professor an der Hochschule Bielefeld (HSBI) und stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins des Gründerzentrums StartMIndenUp, schrieb: „(…) Tolle Pitches, volles Haus mit tollen Zuschauenden, inspirierende Gespräche und jede Menge (Regional-)Spirit. Ein großes Dankeschön an alle Sponsoren.“

Hauptsponsor der 2025er-Auflage war die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen. Ihre Vizepräsidentin Daniela Drabert lobte den Mut der Gründer. Drabert, die mit an der Spitze des 1879 gegründeten und familiengeführten Einzelhändlers Hagemeyer steht, hob außerdem die Wichtigkeit von Startups hervor: „Sie zeigen Traditionsunternehmen neue Wege auf.“

Und während der Veranstaltung im bis auf den letzten Platz gefüllten Audimax des Campus Minden der Hochschule Bielefeld zeigten zwölf Startups in nur drei Minuten Pitch-Zeit ihre Wege für den Fortschritt auf. Und das ziemlich beeindruckend: Denn die Jury mit Vertretern von Wirtschaft, Politik und weiteren Institutionen fiel nach Mohes Bekundung ziemlich schwer, zu einem eindeutigen Votum zu gelangen. „Es ist das erste Mal, dass wir die gesamte Beratungszeit ausschöpfen mussten, um zu einem Ranking zu kommen.“

Das sind alle elf teilnehmenden Startups bei der dritten Mindener PitchMiUp Night im vollbesetzten Audimax des Campus Minden der Hochschule Bielefeld. Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke
Das sind alle elf teilnehmenden Startups bei der dritten Mindener PitchMiUp Night im vollbesetzten Audimax des Campus Minden der Hochschule Bielefeld. Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke

Schließlich ging der erste Preis, zur Verfügung gestellt von der Sparkasse Minden-Lübbecke und überreicht von Thomas Beuchel , an das Startup smartcor by novadocs GmbH, gegründet von Dr. Christian Flottmann und Stephan Garl. Beide sind davon überzeugt, dass die technischen Möglichkeiten via smart devices – also zum Beispiel Smartwatches -, in Zeiten der schlechten Fachärzteversorgung deutlich besser in die Telemedizin eingebunden werden müssen.

Deshalb entwickelten der Kardiologe Flottmann und der Projektmanager Garl mit weiteren Mitstreitern das Produkt smartcor. Die App erkennt via Smartwatch Vorhofflimmern und verringert durch die Früherkennung das Schlaganfallrisiko. Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung, geschätzt drei Millionen Menschen leiden in Deutschland darunter – bei einem Großteil unerkannt.

Nutzende können mit smartcor selbst ein EKG schreiben, dieses in die App laden und ausgewählte Kardiologen prüfen das EKG. Danach erhält der Nutzer eine Handlungsempfehlung. Smartcor eignet sich laut dem Startup auch gut für die Nachkontrolle. Das Angebot richtet sich private Nutzende, Praxen und Kliniken sowie an Unternehmen, die mit smartcor ihr betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützen möchten. 2023 wurde das Produkt schon mit dem Deutschen Telemedizinpreis ausgezeichnet.

Milliarden-schweres Einsparpotenzial für die Volkswirtschaft

Die Fachwelt erkannte dementsprechend schon den großen Nutzen für Betroffene und auch für die Gesellschaft. Immerhin verursachten Schlaganfälle laut einer von der Deutschen Schlaganfall-Hilfe veröffentlichten Studie der Universität Oxford im Jahr 2017 Kosten in Höhe von 17 Milliarden Euro. In die Kostenrechnung flossen nicht nur die reinen stationären und ambulanten Behandlungskosten ein, sondern darüber hinaus auch Kosten für Produktionsverluste und die Pflege durch Angehörige. Außerdem prognostizieren die Wissenschaftler bis 2040 einen Anstieg der Kosten um 30 Prozent.

Effizienz: Kosten und Ressourcen sparen bei Spritzguss-Werkzeugen

Der zweite Platz, zur Verfügung gestellt von der Wago Stiftung ging an ein Startup, das noch unter dem Arbeitstitel „Werkzeugbörse und Verleih“ firmiert. Dahinter steckt eine Idee, die für die Industrie eine große Kostenersparnis bedeuten könnte. Denn, Spritzgießwerkzeuge, die zur Fertigung von Kunststoffteilen in Unternehmen gebraucht werden, kosten nicht nur bis zu 350.000 Euro, sie werden nach der Produktionsphase früher oder später auch verschrottet. Catharina Schilp, HSBI-Mitarbeiterin im InCamS@BI-Projekt, möchte gemeinsam mit Theresa Arndt eine nachhaltige Alternative schaffen mit einer Werkzeugbörse für gebrauchte Spritzgießwerkzeuge, die mit einigen Anpassungen wieder für die Produktion anderer Kunststoffteile eingesetzt werden können. Unternehmen können über die Plattform gebrauchte Werkzeuge kaufen, leasen oder leihen.

Die Jury um unter anderem Karl-Ernst Hunting (Zweigstelle MInden der IHK Ostwestfalen; 4. von links), Ingo Linnenbrügger (Leiter Firmenkundenbetreuung Sparkasse Minden-Lübbecke, 5. von links), Michael Mohe (stv. Vorsitzender Förderverein StartMIndenUp, 6. von links), Eckhard Rüter (Förderverein der Mindener Innovations- und Technologieinitiative, 7. von links) und Unternehmerin Tanja Könemann (2. von rechts). Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke
Die Jury um unter anderem Karl-Ernst Hunting (Zweigstelle MInden der IHK Ostwestfalen; 4. von links), Ingo Linnenbrügger (Leiter Firmenkundenbetreuung Sparkasse Minden-Lübbecke, 5. von links), Michael Mohe (stv. Vorsitzender Förderverein StartMIndenUp, 6. von links), Eckhard Rüter (Förderverein der Mindener Innovations- und Technologieinitiative, 7. von links) und Unternehmerin Tanja Könemann (2. von rechts). Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke

Platz drei ging an Marco Grotemeyer und seine App Beyond 925. Der Ansatz der App, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken soll: Die Gen Alpha – also die Menschen, die auf die Generation Z folgen – suche bei der Berufswahl eben nicht nur danach, einen sicheren 9-to-5-Job zu haben, sondern möchten in dem Beruf auch einen Sinn erkennen. Auf der anderen Seite stehen die Ausbildungsbetriebe, die qualifizierte Bewerber suchen.

Das Bad Oeynhausener Startup Beyond 925 sei laut dem Grotemeyer die „erste Talent Journey Plattform, die aus klassischen Stellenbeschreibungen echte Zukunftsreisen für junge Talente macht.“ Statt traditionelle Stellenanzeigen zu schalten, sollen Bewerber Schritt für Schritt erleben, wie ihre berufliche Zukunft bei einem Unternehmen aussehen könnte. Der dritte Preis wurde gestellt von den Mindener Stadtwerken und von Geschäftsführer Christoph Meyer überreicht.

Weitere teilnehmende Startups bei der dritten Mindener PitchMiUp Night in der Kurzvorstellung:

Koobox – Cloud ob your terms : Cloudlösungen, angepasst an die Bedürfnisse der Kunden. Cloud-Nutzungen seien laut dem Startup oftmals überteuert. Koobox schaffe Transparenz und Flexibilität. Einsparungen von bis zu 80 Prozent seien möglich, so die beiden Gründer Alexander Hahn und David Hahn.

owlRobotics : 2022 von Bernd Selig und Alexander Grau gegründet, entwickelt owlRobotics präzise Navigationssoftware für selbstfahrende Roboter, beispielsweise Rasenmäher. Die entwickelten Lösungen können auch von DIY-begeisterten Nutzern angewendet werden, die damit drahtgesteuerte Geräte auf GPS-Steuerung umstellen möchten, ohne sich direkt einen neuen Roboter zulegen zu müssen. Damit leistet owlRobotics auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Weil Robotik in immer mehr Lebensbereiche relevant wird, ergeben sich noch vielfältige Möglichkeiten für das Unternehmen aus Espelkamp.

Clara plant : KI für die Gemeinschaftsverpflegung, speziell für Kitas, das ist für Kathrin Zuther aus Minden nicht nur ein persönliches Anliegen. Sondern auch die Triebfeder für ihr Startup. Die „digitale Küchenkraft“ unterstützt Hauswirtschaftskräfte in Kitas dabei, gesunde und nachhaltige Wochenpläne zu erstellen. Sie berücksichtigt dabei die Bedürfnisse von Kindern, saisonale Lebensmittel und Nachhaltigkeitsaspekte. Wesentliche Aspekte der Nachhaltigkeit sind die Reduzierung der anfallenden Speisereste durch präzise Mengenberechnung und die Schnittstelle zu regionalen Produzenten. Großes Potenzial besitzt das Startup nicht nur im Kita-Bereich, sondern im gesamten Spektrum der Gemeinschaftsverpflegung.

RAST-IN System : Maike Aspelmeier ist leidenschaftlicher Radfahrer und ärgerte sich immer darüber, dass Halterungen für Trinkflaschen oder Fahrradtaschen fest mit dem Rahmen verschraubt werden mussten. Das erschwerte die Reinigung des Drahtesels enorm und schränkte die Flexibilität ein. So legte der Gründer einfach das flexible RAST-IN System auf.

XPlanatory : Die für die Wissensbeschaffung in den Unternehmen anfallende Arbeitszeit möchte XPlanatory verringern. Immerhin verwenden Mitarbeitende rund ein Viertel der Arbeitszeit genau darauf. Um diese Arbeitskraft dem Unternehmen wieder vollumfänglich zur Verfügung zu stellen, füllen die Mitarbeitenden einen digitalen Wissensgraph, der dann für die relevanten Gruppen innerhalb des Unternehmens Informationen abrufbar macht. Erste Pilotkunden sind namhafte ostwestfälische Unternehmen wie Miele, Claas, Dr. Oetker, Werthenbach, Haver und Boecker sowie Poppe und Poothoff.

Sven Döhre (Mitte) und Linda Döhre stellten das Startup FAB BRAIN auf der Bühne vor und beantworteten während der Messe im Foyer die Fragen interessierter Zuschauerinnen und Zuschauer. Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke
Sven Döhre (Mitte) und Linda Döhre stellten das Startup FAB BRAIN auf der Bühne vor und beantworteten während der Messe im Foyer die Fragen interessierter Zuschauerinnen und Zuschauer. Foto: StartMIndenUp/Rene Roebke

Lumalino : Dr. Nicola Bockelmann ist vierfache Mutter und entwickelte aus einer selbst erfahrenen Problemstellung heraus mit SlumberGlide ein Kinderbettsystem, dass Babys und Eltern einen erholsameren Schlaf ermöglichen soll. Bei rund 700.000 Geburten pro Jahr in Deutschland könnte das Produkt durchaus nachgefragt sein. Die Gründerin ist auf der Suche nach Partnern für Design, Technik und Produktsicherheit und darüber hinaus nach Vertriebspartnern für die regionale und digitale Markteinführung.

FAB BRAIN : Die Automation von Verwaltungssoftware hat sich FAB BRAIN auf die Fahne geschrieben. Der Grundgedanke erscheint recht simpel: Aus einer fachlich nachvollziehbaren Excel-Tabelle generiert das Startup die auf den Auftraggeber zugeschnittene Software. Denn oftmals würden Software-Lösungen viele Features beinhalten, die ein Unternehmen gar nicht benötigt, diese aber mitbezahlt. Die Anwendungsmöglichkeiten der FAB BRAIN-Lösung erstreckt sich auf alle Bereiche der Wirtschaft.

German Horse Tech : „Sauberes Heu für vitale Pferde“ ist die Vision von Christina und Björn Schindler. Trockene Sommer und damit verbunden das hohe Staubaufkommen verschlechtert mittlerweile die Qualität des Heus und somit des Raufutters enorm, sagen die beiden aus Vlotho. Der von ihnen entwickelte Prototyp DEXTR1550 entstaubt das Heu, tötet Schimmelsporen ab, entfernt sie und wirkt dem immer stärker verbreiteten Equines Asthma entgegen. Laut den beiden Gründern leiden in Deutschland mehr als eine Million Pferde unter dieser nicht übertragbaren Lungenerkrankung.